Vorteile einer proteinreichen und eiweißreichen Ernährung – von Sportwissenschaftlern erklärt

Im nachfolgenden Artikel möchten wir euch erklären, warum Proteine (zurecht) von vielen Experten aus den Bereichen Sport, Ernährung und Gesundheit als eine der essentiellsten Makronährstoffe angesehen werden und welche Vorteile eine eiweißreiche Ernährung haben kann. Zudem gehen wir auf die Vielfalt der Proteinquellen ein und geben euch Empfehlungen, mit welchen Quellen und mit welcher Menge ihr nichts falsch macht und euren Körper optimal versorgt.

Was sind Proteine ?

Doch fangen wir ganz von vorne an: Proteine, umgangssprachlich als Eiweiße bezeichnet (nicht zu verwechseln mit dem Eiweißanteil von Eiern), sind wohl das meist genannte Schlagwort, wenn es um eine Muskelaufbau fördernde Ernährung geht. Tatsächlich haben Proteine weitaus vielfältigere Auswirkungen auf unseren Organismus und sind für einige wichtige Stoffwechselprozesse in unserem Körper zuständig.

Protein ist eines der drei Makronährstoffe, welches wir unserem Körper in Form von Nährstoffen zuführen. Sie bestehen aus den sogenannten Aminosäuren, die wichtige Bausteine für den Körper sind, da ohne sie viele Prozesse im Körper nicht funktionieren könnten. Noch einfacher ausgedrückt: Ohne Proteine könnte unser Organismus auf Dauer nicht überleben. Sie sind die Grundbausteine für alle menschlichen Zellen, denn in jeder Zelle unseres Körpers stecken verschiedene Proteine. Das Wort Protein stammt aus dem griechischen Wort „proteuo“, was übersetzt soviel bedeutet wie: „Ich bin der Erste“. Angesichts der erläuterten Bedeutung von Eiweißen ist dies eine sehr passende Beschreibung.

Proteinquellen

Anders als vielleicht angenommen, gibt es eine Vielzahl von hochqualitativen Proteinquellen, welche wir zu uns nehmen können. Dabei kann bei jeder Ernährungsform – sei es vegetarisch, vegan oder keto – auf eine Menge guter Proteinquellen zugegriffen werden. Ausreden, man fände keine Proteinquellen, sollten spätestens nach dem folgenden Absatz der Vergangenheit angehören!

Biologische Wertigkeit

Die sogenannte Biologische Wertigkeit (BW) gilt als Maßeinheit für die Bewertung der Proteine eines Lebensmittels. Ähnlich wie bei einem Rating: Je höher die biologische Wertigkeit eines Lebensmittels, desto effizienter können die Nahrungsproteine vom Körper in die sogenannten körpereigenen Proteine umgewandelt werden. Das bedeutet zudem, dass, je mehr das Nahrungsprotein dem Körperprotein ähnelt, desto einfacher ist es für den Körper dieses zu verwenden. Hierbei spielt vor allem der Anteil der essentiellen Aminosäuren eine große Rolle, also jene Form, welche vom menschlichen Körper selber nicht hergestellt werden kann und somit über die Nahrung zugeführt werden muss. Diese 8 essentiellen Aminosäuren sind Isoleucin, Leucin, Lysin, Methionin, Phenylalanin, Threonin, Tryptophan und Valin.

Als Referenzwert gilt dabei der weiße Anteil des Hühnereis, welches eine BW von 100% hat. Alle essentiellen Aminosäuren (EAA‘s) kommen dort in einem für den Körper sehr günstigen Verhältnis vor, was zu einer fast vollständigen Umsetzung in Körpereiweiß führt.
Wichtig zu wissen ist, dass die biologische Wertigkeit nicht mit dem Anteil an Protein eines Lebensmittels in Verbindung steht. Zum Beispiel hat Soja auf 100g einen deutlichen höheren Proteinanteil (ca. 38g) als beispielsweise 100 ml Kuhmilch (ca. 3-4g). Die BW beider Lebensmittel ist jedoch sehr ähnlich (84% zu 85%).

Zu den besten Proteinquellen und den Quellen mit dem prozentual höchsten Anteil an Protein gehören neben dem Hühnerei, Fisch und Fleisch auch Milchprodukte wie Quark und Käse. Milch, Joghurt, Reis und Kartoffeln sind von ihrer BW zwar gute Proteinquellen, jedoch haben sie im Vergleich zu den Erstgenannten anteilig einen deutlich niedrigeren Proteinanteil. Danach kommen pflanzliche Lebensmittel wie Hülsenfrüchte (Erbsen, Bohnen etc.). Generell lässt sich sagen, dass tierische Proteine eine höhere BW als pflanzliche Proteine aufweisen, da das Muskeleiweiß der meisten Tiere unserem sehr ähnlich ist. Das bedeutet aber nicht, dass pflanzliche Proteine schlecht sind. Im Gegenteil, es ergibt durchaus Sinn, Variationen in seiner Proteinaufnahme zu haben, um möglichen Unverträglichkeiten aufgrund von einseitigem Konsum aus dem Weg zu gehen (z.B. Laktoseintoleranz). Ausgewogenheit ist also auch hier, wie so oft im Leben, eine gute und nachhaltige Lösung.

Wie viel Protein ist notwendig ?

Dass Proteine essentiell für den Muskelaufbau sind, sollte in der heutigen Zeit eigentlich allen klar sein. Geht es um die Menge für die optimale Versorgung, dann ist dies vielen Menschen jedoch nicht bewusst. Wie viel ist denn jetzt genug? Und wie viel ist zu viel? Wann macht es Sinn, mehr zu konsumieren? Diese Fragen wollen wir im Nachfolgenden kurz beleuchten.

Proteine sind für den Muskelaufbau essentiell. Dies ist also ein Thema, das in der Gesellschaft bekannt ist und keiner Mythen-Widerlegung bedarf. Auch wenn in der Wissenschaft in vielen Bereichen von Sport und Gesundheit noch keine absoluten Klarheiten herrschen, so kann man in diesem Fall mit einer klaren Aussage antworten, da die wissenschaftliche Datenlage in dem Bereich sehr eindeutig ist:

Für den Erhalt von Muskelmasse und die Aufrechterhaltung verschiedener gesundheitlicher Körperfunktionen ist eine Menge von 0,8g/kg Körpergewicht als ausreichend anzusehen. Diese Menge schützt also vor Mängeln bei den grundlegenden Prozessen des Körpers. Für eine optimale Versorgung der Gesundheit und der Körperkonstitution bedarf es laut aktueller Studienlage jedoch mehr als die von der World Health Organisation (WHO) vorgegebene Empfehlung von 0,8g/kg Körpergewicht.

Die richtige Menge an Proteinen ist dabei individuell und von vielen unterschiedlichen Faktoren abhängig. Neben dem Alter, dem Körpergewicht und dem allgemeinen Aktivitätslevel einer Person spielen auch Faktoren wie der aktuelle Gesundheitszustand, die Muskelmasse und das körperliche gesteckte Ziel eine große Rolle. Befindest du dich in einem gesunden Körpergewichtsbereich, betreibst kein muskelaufbauförderndes Training und machst generell unregelmäßig Sport, dann ist eine Menge von 0,8g-1,3g/kg Körpergewicht ein guter Richtwert. Im Zweifel macht es durchaus Sinn, tendenziell mehr Proteine zu essen.

Hast du einen körperlich fordernden Job, in welchem du viel gehst, rennst oder mit höheren Lasten umgehen musst, dann solltest du mehr Proteine zu dir nehmen. Betreibst du regelmäßig einen ausdauernden Sport wie Joggen, Tennis oder Fußball, ist dein Körper ebenfalls auf eine höhere Proteineinnahme angewiesen. 1,2g-1,4g/kg Körpergewicht kann hier laut aktueller Datenlage als Empfehlung ausgesprochen werden.

Ist dein Ziel der Aufbau von Muskulatur und deine sportlichen Bestrebungen gehen in Richtung Krafttraining, dann empfiehlt sich eine Aufnahme von 1,6g-2,2g/kg Körpergewicht (je nach Körperkonstitution, Genetik und Trainingsstand). Ganz einfach gesagt: Um Muskeln aufzubauen, benötigt dein Körper mehr Proteine, als er zum Erhalt braucht.

 

 

Kann man zu viel Protein konsumieren ?

Ob eine höhere Menge an Proteinen negative Auswirkungen auf den Körper, respektive auf die Nierenfunktion, auf die Leber oder auf die Knochen haben kann, wird im folgenden Abschnitt genauer betrachtet.

Um diese Frage zu beantworten, schauen wir uns zu Beginn eine Studie von Antonio et. al. aus dem Jahre 2014 etwas genauer an. Jose Antonio und seine Kollegen sind der Frage nachgegangen, welchen Einfluss eine sehr proteinreiche Ernährung auf die Körperkonstitution von gesunden, kraftsporttreibenden Personen hat. Die Gruppe, die über acht Wochen täglich 4,4g/kg Körpergewicht an Proteinen zu sich nahm, hatte im Vergleich zur Kontrollgruppe keine negativen Auswirkungen auf Leber und Niere.

In weiteren Untersuchungen, in denen aktive Männer sowie verschiedene Frauengruppen mit einem erhöhten Proteinkonsum getestet wurden, konnte keine schädliche Wirkung festgestellt werden. Gemessene Parameter waren dabei Albumin, Kreatinin und Harnstoffwerte. Die Filtrationsrate der Niere passte sich dem erhöhten Proteinkonsum an und arbeitete ohne Probleme weiter.

In einer weiteren Studie wurde jedoch festgestellt, dass die Niere eine gewisse Anpassungszeit benötigt, um ihre Filtrationsrate dem Proteinkonsum anzupassen. Das bedeutet, dein Körper bzw. deine Niere braucht eine kurze Adaptionszeit, um ihre Filtrationsrate anzupassen.
Auch zu erwähnen ist, dass bei Menschen mit einer Nierenvorerkrankung der Konsum von Protein (ärztlich) streng kontrolliert werden sollte und dass es Unterschiede in der Belastung der Niere gibt, je nachdem ob es sich um eine tierische oder eine pflanzliche Proteinquelle handelt.
Schaut man sich die Datenlage für die Leber an, so konnten, ähnlich wie bei der Niere, keine schädlichen Effekte auf eine gesunde Leber bei einer erhöhten Proteinaufnahme entdeckt werden. Sollten Lebererkrankungen vorhanden sein, so wird empfohlen, den Proteinkonsum zurück zu schrauben, da die Leber dann nicht mehr in der Lage ist, die Abbauprodukte auszuscheiden.
Bei Erkrankungen der Niere oder Leber sollten ernährungspezifische Indikationen in jedem Fall immer in Kombination mit einer ärztlichen Beratung stattfinden.

Nun bleibt noch die Frage zu klären, ob eine hohe Proteinaufnahme negative Auswirkungen auf unsere Knochen hat. Nun ja, auch hier konnten bisher keine Zusammenhänge zwischen dem Proteinkonsum und einem Knochenfrakturrisiko gefunden werden. Interventionsstudien zeigen sogar gegenteilige Effekte, sprich positive Auswirkungen auf die Mineraldichte der Knochen.

Maximal 30g Protein pro Mahlzeit verwertbar ?

Eine weitere häufig gestellte Frage ist, wie viel Protein der Körper in einer Mahlzeit aufnehmen bzw. verwenden kann. Häufig wird dabei von einer Menge von 30g pro Mahlzeit gesprochen.

Einfach ausgedrückt wandelt der Körper überschüssige Proteine bzw. Aminosäuren in Kohlenhydrate um und verwendet sie für andere Dinge im Körper, wie zum Beispiel das Füllen der Kohlenhydratspeicher der Muskulatur oder der Leber. Dieser Vorgang wird als Gluconeogenese bezeichnet. Der menschliche Körper ist ein sehr cleveres und effizientes Konstrukt und rein evolutionär betrachtet, wäre es für den Körper nicht die klügste Entscheidung gewesen, überschüssige Energie nicht zu verwenden. Ein Review von Schoenfeld et. al. (2018) geht in die gleiche Richtung: Laut aktueller Datenlage führt der Verzehr höherer Proteindosen (>20g) zwar zu einer stärkeren Oxidierung dieser, jedoch ist dies nicht das Schicksal aller aufgenommenen Aminosäuren, da einige zum Aufbau von Gewebe (zum Beispiel Bänder und Sehen) verwendet werden. Für eine Maximierung des Muskelaufbaus wird eine Anzahl von mindestens 4 Mahlzeiten am Tag mit einer Menge von 0,4g/kg empfohlen, um so auf die Tagesmenge von mindestens 1,6g/kg zu kommen.

Proteine, respektive Aminosäuren, sind viel zu wertvoll für den Körper, als dass er diese nicht verwerten würde. Es gibt also keinen Grund zur Sorge bei der Menge an Protein pro Mahlzeit. Bei 3 bis 5 Mahlzeiten mit einer prozentual ungefähr ähnlichen Verteilung von Protein und einer ausreichenden Tagesmenge ist man auf der sicheren Seite, um Muskulatur aufzubauen und/oder Fett zu verlieren.

Weitere Vorteile

Neben den oben erwähnten Aufgaben von Proteinen im Körper bieten sie auch im Kontext einer kalorienreduzierten Diät eine Menge Vorteile. So kann sich eine hohe Proteinaufnahme positiv (in diesem Fall dann negativ) auf die Energieverbrennung auswirken. Der sogenannte „Thermic Effect of Food Factor“ (TEFF), also die Energie, die der Körper aufwenden muss, um das Nahrungsmittel aufspalten und zu absorbieren, ist bei Proteinen um bis zu 3 bis 10 mal so hoch als bei Kohlenhydraten und Fetten. Dieser Prozess geht in der Regel mit einer Erhöhung der eigenen Körpertemperatur einher. Das bedeutet, man verbrennt automatisch schon mehr Kalorien allein beim Essen von proteinreichen Lebensmitteln.

Zudem sättigt Protein deutlich schneller und länger als die Makronährstoffe Kohlenhydrat und Fett. Dies kann bei einer kalorienreduzierten Ernährung ein großer Vorteil sein, um das Hungerempfinden zu reduzieren. Eine proteinreiche Ernährung kann also ein Eckpfeiler einer erfolgreichen Gewichtsreduktion sein.

Fazit

Nachfolgend wird kurz zusammengefasst, was aus dem Artikel mitgenommen werden sollte:

    • Proteine sind essentiell für den Körper und müssen extern über die Nahrung aufgenommen werden (EAA)
    • Es gibt unterschiedliche Proteinquellen, welche in einer ausgewogenen Ernährung ständig rotiert werden
      sollten
    • Mit dem Ziel des Muskelaufbaus ist eine Aufnahme von 1,6g-2,2g/kg Körpergewicht sinnvoll (abhängig von individuellen Faktoren)
    • Eine Proteinaufnahme von bis zu 4,4g/kg Körpergewicht sind bei einer gesunden Person laut aktueller Datenlage ungefährlich, eine ausreichende Flüssigkeitsaufnahme wird empfohlen
    • 3 bis 5 Mahlzeiten mit einem prozentual ähnlichen Anteil an Proteinen und einer ausreichenden Tagesmenge sind für den Muskelaufbau optimal
    • Aufgrund des TEFF und des hohen Sättigungseffekts von Proteinen eignet sich eine eiweißreiche Ernährung optimal für eine kalorienreduzierte Diät

Weitere Fragen ?

Falls ihr mehr zu dem Thema wissen wollt oder Fragen aufgekommen sind, schreibt uns einfach über unsere Social Media Kanäle an oder vereinbart direkt ein kostenloses Beratungsgespräch.

Wir freuen uns!

Quellen

Antonio, J., Peacock, C. A., Ellerbroek, A., Fromhoff, B., & Silver, T. (2014). The effects of consuming a high protein diet (4.4 g/kg/d) on body composition in resistance-trained individuals. Journal of the International Society of Sports Nutrition, 11(1), 19.

Beasley, J. M., Aragaki, A. K., LaCroix, A. Z., Neuhouser, M. L., Tinker, L. F., Cauley, J. A., … & Prentice, R. L. (2011). Higher biomarker-calibrated protein intake is not associated with impaired renal function in postmenopausal women. The Journal of nutrition, 141(8), 1502-1507.

Dargent‐Molina, P., Sabia, S., Touvier, M., Kesse, E., Bréart, G., Clavel‐Chapelon, F., & Boutron‐Ruault, M. C. (2008). Proteins, dietary acid load, and calcium and risk of postmenopausal fractures in the E3N French women prospective study. Journal of Bone and Mineral Research, 23(12), 1915-1922.

Merli, M., & Riggio, O. (2009). Dietary and nutritional indications in hepatic encephalopathy. Metabolic brain disease, 24(1), 211-221.

Pesta, D. H., & Samuel, V. T. (2014). A high-protein diet for reducing body fat: mechanisms and possible caveats. Nutrition & metabolism, 11(1), 53.

Poortmans, J. R., & Dellalieux, O. (2000). Do regular high protein diets have potential health risks on kidney function in athletes?. International journal of sport nutrition and exercise metabolism, 10(1), 28-38.

Schoenfeld, B. J., & Aragon, A. A. (2018). How much protein can the body use in a single meal for muscle-building? Implications for daily protein distribution. Journal of the International Society of Sports Nutrition, 15(1), 10.

Starr, S., & Raines, D. (2011). Cirrhosis: diagnosis, management, and prevention. American family physician, 84(12).

Thorpe, M., Mojtahedi, M. C., Chapman-Novakofski, K., McAuley, E., & Evans, E. M. (2008). A positive association of lumbar spine bone mineral density with dietary protein is suppressed by a negative association with protein sulfur. The Journal of nutrition, 138(1), 80-85.

World Health Organization, & United Nations University. (2007). Protein and amino acid requirements in human nutrition (Vol. 935). World Health Organization.