Inhaltsverzeichnis
Key-Facts für den schnellen Überblick:
- Fastenkuren versprechen einen “Reset” von Alkohol, Stress und ungesunder Ernährung
- extrem niedrige Kalorienaufnahme führt jedoch oft zu ungewolltem Muskelmassenverlust
- Autophagie, der körpereigene Reinigungs- und Recycling-Prozess, findet immer statt, egal ob man fastet oder nicht
- Alkohol hat tatsächlich das Potenzial körpereigene Entsorgungs- und auch Fettabbau-Prozesse zu verlangsamen und sollte deshalb minimiert werden
- eine normale, ausgewogene, kalorienreduzierte Ernährung hat die gleichen Effekte auf die Autophagie und birgt kaum das Risiko von Muskelverlust
Was verspricht Fasten?
Wir alle muten unserem Körper das ganze Jahr über viel zu. Stress, Alkohol und schlechte Ernährung sind nur einige der Dinge, die für viele einfach zum Leben dazugehören. Deshalb klingt es oft verlockend, zwischendurch einmal zu “resetten” und besonders den Verdauungstrakt, denn damit wird häufig argumentiert, wieder neu zu starten. Einmal alles raus, entgiften und dem Körper die Möglichkeit geben, von vorne anzufangen.
Am Ende einer solchen Fastenperiode zwei bis zehn Kilogramm weniger zu wiegen, ist für viele ein nettes Add-on.
Das sind die Mechanismen, mit denen die meisten Fastenkuren beworben werden. Dabei gibt es unterschiedlichste Protokolle mit einer großen Bandbreite von erlaubter Nahrungsmittelaufnahme. Die vorgesehenen Regeln für die Zufuhr reichen von “nichts zu sich nehmen, außer Wasser und grünem Tee”, über “grünes Gemüse darf gegessen werden” bis hin zu “Protein darf gegessen werden”. Zusätzlich dazu wird oft die Einnahme von unterschiedlichen Nahrungsergänzungsmitteln propagiert: Probiotika, “Greens Powders” oder ganz eigen zusammengestellte Nährstoffkombinationen.
Im Grunde lassen sich aber die meisten Fastenkuren auf eine extrem eingeschränkte Nahrungsmittelaufnahme, in vielen Fällen mit einer extrem eingeschränkten Kalorienaufnahme und der Zuhilfenahme von “speziellen” Nahrungsergänzungsmitteln zusammenfassen.
Was sagt die Wissenschaft?
Klingt verlockend, oder? Und auch ein bisschen zu schön, um wahr zu sein, findest du nicht? Finden wir auch, deshalb hier unser wissenschaftlicher Take zu Fastenkuren:
Zuerst einmal das Positive: Fastenkuren können ein Weg sein, in einer möglichst kurzen Zeit verhältnismäßig viel Körpergewicht zu verlieren.
Doch zu welchem Preis? Fest steht nämlich, dass zumindest bei längeren Fastenkuren (zum Zwecke der Einfachheit fassen wir alle Fastenkuren mit einer Kalorienaufnahme unter 500kcal am Tag zusammen) über mehrere Tage der Verlust von Muskulatur im Grunde unvermeidbar ist. Der gleiche Grund, der dafür sorgt, dass du rasant schnell Körpergewicht verlierst, ist auch der, der dich Muskulatur kostet. Dabei spielen extrem niedrige Kalorienaufnahme und vielmals damit einhergehende niedrige Eiweißaufnahme doppelt negativ zusammen.
So erreichst du letztendlich genau das Gegenteil von dem, was du ursprünglich wolltest. Der Verlust von Muskelmasse rechtfertigt in keinem Fall die möglichen positiven Effekte einer Fastenkur. Vor allem, wenn du danach weitermachst, wie vorher. Und seien wir mal ganz ehrlich: so wird es doch sein.
Um Körperfett zu reduzieren, eignet sich daher eine kontinuierliche, moderatere Kalorienreduktion viel eher. Schon eine Verringerung der Energiezufuhr von 200-300kcal am Tag kann hier einen großen Unterschied machen, besonders wenn du es nicht eilig hast. Diese lässt sich über einen längeren Zeitraum viel leichter einhalten und birgt aufgrund der besseren Versorgung mit Nährstoffen auch nicht so ein großes Risiko für Muskelverlust. Außerdem lässt sich bei einer moderaten Energierestriktion viel besser trainieren. Doppelt gut.
Aber was ist mit der Autophagie?
Autophagie, der Prozess des gewollten Zellabbaus, der Reinigung des Körpers durch das gezielte Recyceln alter Zellen, ist für viele das große Argument für Fastenkuren, übrigens auch für 16:8-Intervallfasten.
Doch hier liegt ein großes Missverständnis vor. Autophagie findet immer statt. Der Körper befindet sich ständig, jeden Tag und zu jeder Uhrzeit in einem Prozess des Umbaus. Alte, nicht mehr funktionsfähige Zellen werden abgebaut und neue Zellen werden aufgebaut. Anders wäre das Überleben nicht möglich. Befinden sich diese beiden Prozesse im Gleichgewicht, spricht man von Homöostase. Der Körper behält so seinen aktuellen Stand bei, wird aber trotzdem erneuert. Es gibt keinen Grund zu versuchen, diesen Prozess zu verstärken.
Die Leber und die Nieren sind extrem stoffwechselstarke Organe, die bestens in der Lage sind, alles was an “unerwünschten” (bemerke, dass wir nicht von giftig sprechen) Stoffen im Körper ist, wieder zu entfernen.
So führt eine normale und ausgewogene, proteinreiche Ernährung ebenfalls dazu, dass alle Zellen in regelmäßigen Abständen erneuert werden und alles, was der Körper nicht braucht, von alleine wieder ausgeschieden wird.
Die Ausnahme:
Es gibt eine Ausnahme, einen Stoff, der dafür sorgt, dass die Leber alle Prozesse, die nicht zum Abbau dieses Stoffs beitragen, kurzfristig zurückgestellt werden: Alkohol.
Alkohol ist, als einzige Ausnahme, tatsächlich giftig. Deshalb setzt unser Organismus alles daran, diesen so schnell wie möglich aus dem Körper zu entfernen. Das kann dazu führen, dass die Säuberung von allen anderen Substanzen aus dem Blut kurzfristig verlangsamt wird. Die Lösung dafür ist nicht eine Fastenkur, sondern die dauerhafte Reduktion von Alkohol. Das sollte einleuchtend klingen.
Fassen wir also noch einmal zusammen:
Fasten hat keine magischen Effekte, besonders nicht, wenn man danach weitermacht wie vorher. Zum Abnehmen ist es nicht besonders geeignet und birgt sogar einige Risiken. Eine moderate Kalorienrestriktion ist viel besser geeignet und viel nachhaltiger. Autophagie findet immer statt und bedarf keiner Verstärkung durch eine Fastenkur und weniger Alkohol trinken ist immer besser.
Ziemlich ernüchternd, oder? Aber Dinge, die zu schön klingen, um wahr zu sein, sind es meistens auch.
Wenn du noch Fragen hast, dann melde dich doch gerne bei uns oder sprich deinen Coach im Training darauf an. Wir helfen dir gerne weiter.
Bis dahin,
deine Athl. Docks-Coaches